Die Züchterfahrt der IG Angus Hessen, führte uns im Jahr 2018 zu unseren nördlichen Nachbarn Niedersachsen. Dort hatte die Angus Rind Nord e.V. in Zusammenarbeit mit unserem Vorstand ein Züchtertreffen mit insgesamt 6 Betriebsbesichtigungen organisiert. Am 06. Oktober ging es frühmorgens mit 3 Kleinbussen gen Norden. Wie geplant, trafen wir mit 17 hessischen Anguszüchtern um 9:30 Uhr in Walsrode-Schneeheide bei Sven Meyer ein, um uns mit den bereits wartenden Züchtern aus Niedersachsen, Schleswig Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zu vermischen.
…morgens halb 10 in Schneeheide
Nach der Begrüßung nahmen wir erst einmal ein gemeinsames Frühstück ein und besichtigten dann den Hof, die Kühe auf der arrondierten Weide und die Absetzer in den Stallungen. Sven Meyer gab uns einen Einblick in seine Philosophie der Anguszucht und stellte uns eine sehr homogene Herde, im mittelrahmigen Typ, hauptsächlich in Rot vor. Der Betrieb „Hof Meyer“ wird im Nebenerwerb geführt. Seit 2006 züchtet Sven Meyer Angusrinder. Heute werden auf ca. 30 ha Grünland, 25 Kühe plus Nachzucht gehalten. Von April bis November werden die Tiere auf den direkt am Hof liegenden großzügigen Weiden gehalten.
Den Winter verbringt die Herde im Jahr 2015 neu errichteten Stall. Sein Stallkonzept erlaubt ein einfaches Arbeiten, das ist für Ihn als Nebenerwerbsbetrieb sehr wichtig um die Arbeiten neben seinem Beruf gut erledigen zu können. Die Absetzer werden im Winter in den umgebauten Altgebäuden gehalten.
Pacco von Sven Meyer
Die Abkalbungen finden vom November bis Januar statt. Die Tiere werden ab Hof mit einem Alter von ca. 16-17 Monaten, im Mischpaket ohne Knochen direkt vermarktet, die besseren werden zur Zucht abgegeben. Zusätzliches Standbein ist die Masthähnchenproduktion, die im Sommer in der Stallungen durchgeführt wird, die Hähnchen werden nach der Schlachtung, in einer mobilen Geflügelschlachterei am Hof, der Direktvermarktung zugeführt. Weiterhin betreibt die Familie Meyer noch eine Pensionspferdehaltung, bei der aber die Besitzer, die Pferde selbst versorgen. Eine Ferienwohnung und der überbetrieblicher Maschineneinsatz sind weitere Standbeine des Betriebs.
Als nächstes trafen wir uns auf der Weide der Schröder GbR in der Nähe von Rotenburg (Wümme). Familie Schröder bewirtschaftet ca. 70 Grünland und 50 ha Ackerland. Es werden zwei Deckbullen und 60 Mutterkühe plus Nachzucht gehalten. Die Bullenmast und eine Pferdepension runden den Haupterwerb ab.
Auf der Weide der Schröder GbR
Die Mutterkühe werden von April-November in zwei Herden auf der Weide gehalten, den Rest des Jahres verbringen sie in einem Tieflaufstall mit Auflauf auf einen Ackerstandort. Auf diesem Betrieb laufen die Abkalbungen von November bis März, das Absetzen erfolgt im September. Die hauptsächlich in schwarz gehaltene Herde weist einen Herdbuchanteil von ca. 30 % auf.
In einem recht neuen Bullenmaststall und in den Altgebäuden werden ca. 140 Angusbullen mit Maissilage, Grassilage, Getreideschrot, Rapsschrot und Mineralfutter gemästet. Die Fresser, die nicht aus der eigenen Nachzucht kommen werden mit 200-350 kg eingestallt, die Tageszunahmen betragen im Mittel 1250 Gramm, ausgemästete Bullen werden über die Masterrind vermarktet.
Nach einem kleinen Mittagssnack, in Form von gegrillten Bratwürstchen, ging es zu unserem letzten Betrieb für den Samstag. Wir fuhren nach Visselhövede, zu Thorsten Ahlers. Familie Ahlers bewirtschaftet einem sehr interessant und idyllisch gelegenen Hof mit ca. 50 ha am Betrieb arrondiertem Grünland.
An der Weide bei Thorsten Ahlers
Die Weiden werden vom Hof aus mit Elektrizität für den Weidezaun und auch mit Wasserleitungen für die Tränken versorgt. Dass der Betrieb Ahlers seit 1997 Angus züchtet, erkannten wir auch an der sehr schönen, harmonischen Mutterkuhherde die seither aufgebaut wurde. Die ca. 30 Mutterkühe werden in beiden Farbrichtungen gehalten. Die Abkalbungen sollen möglichst im Freiland stattfinden allerdings befürchtet Thorsten Ahlers wie auch die Schröder GbR, dass es in Zukunft Probleme mit dem Wolf geben könnte, da in der näheren Umgebung schon mehrfach Risse an Nutztieren zu beklagen waren.
Kühe mit Kälber bei Thorsten Ahlers
Im Winter stehen die Tiere in einem Geschickt genutzten Altgebäude, oder in einem der Neubauten der letzten Jahre. Einer der Bullen, (Gin/Goldbar), die zum Deckeinsatz kommen, wird mit Sven Meyer in Zuchtgemeinschaft gehalten. Die Tiere werden zur Zucht, oder, wie sollte es auch anders sein, über die Masterrind vermarktet. An der Tatsache, dass bei Thorsten ein Dreiachs-Ballenwagen mit einem verhältnismäßig PS- schwachen Traktor gezogen wird, erkannten wir Mittelgebirgsler sofort, dass wir mit unserer Reise in der Norddeutschen Tiefebene gelandet waren. Nach Kaffee und Kuchen und einigen leckeren Flaschen „Bullenbändiger“ ging es zum Glück nur noch wenige Kilometer weiter nach Walsrode-Hünzingen.
„Bullenbändiger“ von Sven Meyer
Hier wurden wir in dem sehr schönen Hotel „Forellenhof“ mit einer freundlichen Dame an der Rezeption und sehr guten Zimmern empfangen. Glücklicherweise konnten wir bei schönem Wetter noch einen der letzten Grillabende des Hotels, in diesem Jahr genießen. Der immer gut gelaunte Grillmeister erinnerte die älteren von uns an Hop Sing, von „Bonanza“. Das Grillbuffet und das leckere Bier, das im Hotel gebraut wird rundeten diesen gelungenen Tag hervorragend ab. Besonders schön war, dass unsere Freunde aus den nördlichen Bundesländern und einige Betriebsleiter, des Tages, mit uns zusammen den Abend verbrachten. Einziger Wehmutstropfen war, dass wir aus Platzgründen nicht komplett zusammensitzen konnten. Nach gefühlt 5 Liter „Forellenwasser“ und dem Rausschmeißer „Ratzeputz“ fanden gegen 2 Uhr auch die letzten von uns ihre wohlverdiente Nachtruhe.
Nach dem sonntäglichen Frühstück, zu dem „der Letzte“ kurz vor unserer
Abfahrt, dann auch noch erschien, ging es auf die Autobahn Richtung Süden, nach Burgwedel-Engensen. Durch kurzzeitige Diskrepanzen zwischen zwei – drei Navi`s, bzw. Beifahrern kamen wir doch noch Fristgerecht um 9:30 bei Heinz – Wilhelm Riekenberg an und wurden gleich noch einmal mit Kaffee und Gebäck versorgt.
Die gut gelaunte Reisegruppe auf dem Hof Riekenberg
Heinz-Wilhelm erklärte uns, dass wir uns in Burgwedel, der Ortschaft mit der größten Angusdichte, nämlich Riekenberg, Oelkers und Bähre befinden. Fam. Riekenberg bewirtschaftet ca. 100 ha Grünland. Alles topfeben und komplett im Landschaftsschutzgebiet gelegen. Zusätzlich werden noch 3 ha Mais angebaut, der in der Bullenmast eingesetzt wird. Die Jungbullen stehen im Altgebäude am Hof zusammen mit einigen Tieren von Timo Oelkers mit dem Heinz-Wilhelm gemeinsam auch einen Lohnbetrieb mit Häckselkette sowie Maisaussaat führt. Die Mutterkühe werden im Winter in einem einfachen und praktikablen Stallsystem gehalten, das direkt an den großzügigen Flächen im Außenbereich, knapp 10 km vom Wohnhaus entfernt, liegt.
Stall und Weide von H.-W. Riekenberg
Auf der Fahrt vorbei an den großen Schlägen des Betriebs sahen wir auch hier gleichmäßige, mittelrahmige Tiere. Die Jahrzehnte langen züchterischen Ambitionen von Heinz-Wilhelm zeigen sich auch in vielen verschiedenen Blutlinien durch KB und Embryo-Transfer in seiner Herde.
Harmonische Rindergruppe von H.-W. Riekenberg
Der AA-Blutanteil liegt bei ca. 50 %. Direkt in der Nähe des Riekenbergschen Hofes liegt der neue Bullenmaststall von Timo Oelkers. Timo bewirtschaftet 140 ha, davon 60 ha Ackerland auf dem Hauptsächlich Roggen und Mais wachsen. Die ca. 50 Mutterkühe lehnen sich stark an der Genetik von Heinz-Wilhelm an. In dem 2015 erbauten Bullenmaststall werden 110 Bullen gemästet.
Der neue Bullenmaststall von Timo Oelkers
Bullen im Maststall von Timo Oelkers
Das Entmisten des Laufgangs von diesem Tretmiststall erfolgt mit einer automatischen Schieberanlage, eingestreut wird von der Rückseite mit einem Radlader. Auch Timo vermarktet seine Bullen über die Masterrind.
Nach dem Mittagessen in einer Gaststätte in der Nähe von Burgwedel, ging unser kleiner Konvoi weiter in Richtung Hessisch-Oldendorf im Weserbergland. Wie der Name der Ortschaft schon erahnen lässt, waren wir jetzt schon in Richtung hessischer Heimat unterwegs.
Wie auf unserer ganzen Reise, wurden wir auch von Familie Brockmann überaus Herzlich empfangen. Nachdem die wichtigste Frage des Tages(„WER IST CLAUS KNACKER?“) geklärt wurde, übernahm Friederike Brockmann die Betriebsführung und berichtete uns, dass ca. 27 ha Grünland, zum Teil auch extensiv genutzt werden. Auf etwa 17 ha Ackerland werden Weizen, Gerste, Raps und Hafer angebaut. Auch hier, wie auf unserer ganzen Reise konnten wir eine sehr homogene Herde betrachten, die zurzeit aus 17 Kühen plus Nachzucht besteht.
tolle Tiere auch in Hessisch-Oldendorf
Der aktuelle Herdenbulle, LA Prontus, stammt mit AZH Pronto von einem hessischen Bullen ab. In der Vergangenheit wurde auch ein Casanova-Sohn von der Eselsmühle eingesetzt. Familie Brockmann ist fast komplett eigenmechanisiert, das ist auch ihnen wie vielen anderen Nebenerwerbslandwirten sehr wichtig um die Arbeiten flexibel zu erledigen. Auch Familie Brockmann legt sehr großen Wert auf einfaches und kuhgerechtes Arbeiten in ihrem Stall, der mit viel Licht, Luft und Auslauf überzeugen konnte. Da Friederike hauptberuflich bei der Masterrind beschäftigt ist, liegt es auf der Hand, dass die Tiere hauptsächlich auch hier vermarktet werden. Bei Kaffee und Kuchen im Hof der Familie Brockmann ging unsere Reise durch Niedersachsen dann zu Ende.
Friederike mit den bestens gelaunten Hessen kurz vor der Heimfahrt
Die drei Kleinbusse fuhren in zum Teil haarsträubendem Zick Zack Kurs gen Alsfeld oder Korbach, am Ende kamen wir aber doch alle wieder gut zu Hause an.
Wir bedanken uns bei allen Betrieben, die uns mit großer Freundlichkeit auf Ihren Betrieben begrüßt und bewirtet haben. Danke auch dafür, dass wir Einblick in die Herden und gut durchdachten Betriebskonzepten erhielten. Vielen Dank an Sven Meyer, der die Tour zum großen Teil mitgeplant hat.
Wir wünschen den Familien weiterhin viel Erfolg in Zucht und Vermarktung der Rasse Angus. Zum Schluss muss auch mal gesagt werden – Danke an die komplette Reisegruppe für die harmonische Fahrt!