IG Angus Hessen e.V.

Züchterfahrt der IG nach Tschechien

Die Reisegruppe

Die Reisegruppe

 

Am Wochenende 23./24. April unternahm die IG Angus Hessen eine Fahrt in das schöne Egerland, dem an der Grenze zu Deutschland gelegenen Teil Tschechiens.
Am Samstagmorgen gegen 5.00  Uhr startete unser Bus mit 22 -mehr oder weniger ausgeschlafenen- Mitgliedern der IG in Alsfeld, Richtung Osten.
Nach einer ruhigen Fahrt bei regnerischem Wetter und einem Frühstück am Hermsdorfer Kreuz, erreichten wir gegen 10.00 Uhr den ersten von vier betrieben, welche wir bis Sonntagnachmittag Besuchen wollten.

Angus Kopanina in Novy Kostel wird von der aus Deutschland stammenden Fam. Zelinka bewirtschaftet, die vor einigen Jahren mit dem Aufbau ihres Betriebes im Egerland begannen.
Für Herrn Zelinka, der seine landwirtschaftliche Lehre auf dem Betrieb Schuhmacher / Bierhelderhof absolvierte, war es selbstverständlich, mit der Rasse Angus den Neuanfang in Tschechien zu starten.
Heute bewirtschaftet er mit seinen zwei Mitarbeitern ca. 470 ha Land, alles Eigentum auf denen ca. 170 Mutterkühe nebst Nachzucht gehalten werden.
Wir sahen Tiere beider Farbschläge in Reinzucht, aber auch  Charolais-Kreuzungen und Tiere mit Fleckviehblut waren in den Stallungen zu sehen. Bemerkenswert ist, dass bei den Kreuzungsanpaarungen Charolais auf Angus gesetzt wird, entgegengesetzt wie es bei uns zu erwarten wäre. Herr Zelinka verspricht sich dadurch bessere Tiere für den Absetzerverkauf, der bei Angus Kopanina die wichtigste Vermarktungsform darstellt.
Nachdem uns die Betriebsbesichtigung bei kühlem und windigem Wetter doch sehr hungrig gemacht hatte, fuhren wir in das nahe gelegene Hotel „ Am Speicher“ , das ebenfalls der Fam. Zelinka gehört. In diesem sehr geschmackvoll und stilsicher renovierten, alten Hofgut, konnten wir uns von den Vorzügen der Böhmischen Küche überzeugen.
Hier können auch Tagungen und Schulungen mit bis zu 200 Personen durchgeführt werden und  wer sich ein erholsames Wochenende  mit Wellness gönnen möchte, ist hier bestens aufgehoben.
www.hoteluspejcharu.cz
Nach einer bemerkenswerten Fahrt, in der unser Busfahrer wegen gesperrter Straßen die gefühlt halbe Strecke rückwärtsfahren musste, kamen wir in Harbartov / Libnov an, dort wurden wir  von Familie Skaliky mit heißem Tee und leckerem selbstgebackenen empfangen.
Fam. Skaliky hält ca. 200 Mutterkühe beider Farbschläge in ganzjähriger Freilandhaltung.
Die Tiere haben lediglich zum Fressen die Möglichkeit, eine sehr geräumige, neu errichtete Stahlhalle aufzusuchen. Gefüttert wird vorwiegend mit Heu, welches in der sehr hohen Halle mit einem Deckenkran bewegt und eingelagert wird. Die ganze Herde findet auf den angrenzenden sehr weitläufigen Flächen genügend Platz, um den Winter auch ohne aufwendige Stallbauten gut zu überstehen.
Hier konnten wir uns auch von der Qualität der Tiere auf Farma Libnov überzeugen:
Für eine Auktion, die für Ende April auf dem Betrieb vorgesehen ist, wurden uns 20  Jungbullen in Rot und Schwarz, mit zum Teil nordamerikanischen Blutführungen vorgestellt. Die Kälber werden in Tschechien im ersten Jahr dreimal gewogen, bei 120, 210 und 365  Tagen. Bei Geburtsgewichten von 32-38 Kilo brachten die Bullen Zunahmen von  1250 -1550 g. In der sehr ruhigen und harmonischen Bullengruppe wären sicher auch Tiere für den ein oder anderen von uns dabei gewesen.
Die Rinder in einem angrenzenden Auslauf hinterließen ebenfalls einen einwandfreien Eindruck.

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Bei Familie Skaliky in Libnov

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Die neue Stahlhalle in Libnov

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Interessante Bullen wurden für die Hofauktion zurecht gemacht

 

Von Libnov ging es weiter nach Marianske Lazne ( Marienbad ) wo wir unsere Zimmer im Hotel Bohemia bezogen. Die Stadt gilt in Tschechien und über die Landesgrenzen hinaus als architektonische Perle und Schatzkammer der Heilquellen. Nach einem kleinen Stadtrundgang wurde das Buffet geplündert, das tschechische Bier gekostet und die Qualität der Matratzen getestet. Nach dem reichhaltigen Frühstücksbuffet  am nächsten Morgen, kamen wir nach zehnminütiger Fahrt bei Betrieb Nummer 3 unserer Reise an.
Frau Tumova  bewirtschaftet  ganz in der Nähe von Marienbad zusammen mit ihrer Tochter und einem Mitarbeiter einen Grünlandbetrieb auf ca. 650 mtr.ü.NN.
Vor 20 Jahren stellte die Familie von Hereford auf Angus um und setzt seit dem bei den Deckbullen  stark auf nordamerikanische Genetik.
Pferde und Schafe ergänzen die Betriebsstruktur.
Auf den ca. 120 ha, die fast vollständig arrondiert in einem Naturschutzgebiet liegen, werden ca. 100 Aberdeen Angus Herdbuchtiere ganzjährig ohne Unterstände im Freiland gehalten.
Die Hauptkalbesaison liegt im Februar/März. Der Zuchtviehverkauf stellt den hauptsächlichen Vermarktungsweg dar.
Trotz dieser, für unsere Verhältnisse recht harten Bedingungen für die Tiere, sahen wir eine sehr gesund wirkende Herde mit gut entwickelten Kälbern. Sicher trägt die gute Grünlandpflege auf dem Betrieb Tumova mit regelmäßiger Nachsaat und entsprechend hochwertigem Grundfutter zu guten und gesunden Tieren mit bei.
Der an dem Deutschen Zuchtgeschehen sehr interessierten Betriebsleiterin wünschen wir für den weiteren Ausbau ihrer Herde alles Gute.

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Bei Familie Tumova

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Der zweite Vorsitzende war sehr zufrieden

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Züchterische Kontakte auf hohem Niveau

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Frau Tomova mit Mitarbeiter und Tochter. Rechts unser Reiseführer vom Tschechischen Fleischrinderverband: Kamil Malat.

 

Auf dem Weg zu unserem letzten Betrieb machten wir an einer ehemaligen Silbermine halt, die in ihrem Minenlabyrinth inzwischen einen urigen Gasthof beherbergt.

Nach einem guten Mittagstisch ging es weiter zu dem Betrieb von Herrn Valenta, den wir nach ca. 30 minütiger Fahrt gen Osten erreichten.
Auf dem 470 ha großen und auf einer Höhe von 450 mtr.ü.NN  liegende  Biobetrieb werden ca. 100 Mutterkühe gehalten. 50 % davon sind AA-Herdbuchtiere, die andere Hälfte Kreuzungen mit verschiedenen Rassen.
Die HB-Kühe werden Bullen verschiedener Genetik zugeführt und die KB sowie ET spielt für Herrn Valenta, der einen Mitarbeiter beschäftigt, auch eine wichtige Rolle. So führen einige seiner Kälber das Blut der bei uns bekannten KB-Bullen Iron Ore und Barthel DM.
Auch auf diesem Betrieb werden die Kälber im Februar/März geboren, eine ganzjährige Freilandhaltung ist selbstverständlich.
Auf einem Teil der ca. 120 ha Ackerland  des Betriebes wird zudem noch Kümmel angebaut.

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Auf dem Betrieb Valenta

 

Nach diesem vierten und letzten Betrieb unserer kleinen „Westtschechienrundfahrt“ traten wir den Heimweg an und erreichten gegen 20.00 Uhr wohlbehalten Alsfeld.

Aberdeen Angus haben in Tschechien unter den Fleischrindern einen Anteil von knapp 20 %  und liegen damit hinter Charolais mit 37 % an zweiter Stelle.
Der Absetzerverkauf ist die hauptsächliche Vermarktungsform und mit der Direktvermarktung wird hier und da ein Anfang gemacht.
38% der Fleischrinder werden  biologisch gehalten und  Angus zählt hier zu den extensiven Rassen.
Das dies so ist, konnten wir auf den meisten Betrieben hautnah erleben. Die Fütterung erfolgt meist nur mit Heu und Silage. Ackerfrüchte spielen eine untergeordnete Rolle und die ganzjährige Freilandhaltung ist weitverbreitet.

Mein Fazit der Reise lautet:
Hier wird erfolgreich mit möglichst wenig Aufwand in Sachen Fütterung, Stallungen und Maschineneinsatz Mutterkuhhaltung betrieben.
Dass dieses Ziel mit „unserer“ Rasse gut umzusetzen ist, wussten wir schon vorher.
Nur wird meiner Meinung nach bei uns in manchen Betrieben und einigen Bereichen Angus zu „intensiv“ gehalten.
Dadurch besteht die Gefahr, dass wir positive Eigenschaften der Rasse förmlich „wegzüchten“.

Wir bedanken uns bei unserem Reiseleiter Kamil Malat vom tschechischen Fleischrinderverband, der uns zu den Betrieben begleitete und uns die tschechische Sprache ins Englische übersetzte.
Weiterhin bedanken wir uns auch bei Martin Schütterle, der die Reise in erster Linie organisierte und das von Herrn Malat übersezte Englisch für uns wiederum in die deutsche Sprache transformierte.
Danke auch an unseren Busfahrer, der uns sowohl vorwärts als auch rückwärtsfahrend, immer sicher an unser Ziel gebracht hat.

Claus Knacker